Das letzte Tüpfelchen zum Finden der Beute beruht letztlich auf der Nasenarbeit des Hundes. Sofern das Dummy nicht sichtig liegt, wird selbst bei einer Markierung die Witterung genutzt, um es zu finden. Doch was riecht der Hund dabei genau?
Bekannt ist, dass der Hund besser riecht. Besser bedeutet zum einen Quantität, da er wesentlich mehr Gerüche aufnimmt. Und zum anderen Qualität, da er die Gerüche fein unterscheiden und teils sogar, aufgrund der Intensität, in Richtung und Entfernung der Quelle zuordnen kann. Auch die Hunde unterscheiden sich in ihrer Riechleistung und der Labrador ist überdurchschnittlich geruchsbegabt.
Ebenfalls bekannt ist, wie wichtig der Wind ist. Je nach Wind, Umgebung, Begabung und Training hängt es davon ab, ob ein Hund zum Erfolg kommt und falls ja, wie gut.
In diesem Artikel geht es jedoch weder um die Riechleistung, noch um das Arbeiten mit dem Wind (ein anderes spannendes Thema), sondern darum was der Hund eigentlich riecht.
Das Finden mit Nasenarbeit
Im Prinzip wird jedes Dummy mit Nasenarbeit gefunden. Liegt es nicht sichtig, gebraucht der Hund seine Nase, um die Witterung aufzunehmen und über Richtung und Entfernung an das Dummy zu gelangen. Selbst bei einer Markierung wird der Hund dies tun, denn welcher Hund kann schon (auch bei den sogenannten Natural Markers wird dies nicht funktionieren) von seiner Sichthöhe bei einer Entfernung von bspw. 50m mit diesem Winkel punktgenau (oder genauer auf Dummylänge, also 20cm) wissen, wo das Dummy liegt. Selbst wenn ein Hund dies könnte, wäre das obsolet, sobald das Dummy aufspringt oder rollt und einen halben Meter neben der ersten Aufschlagstelle liegen bleibt. Liegt es sichtig, gebraucht der Hund seine Nase, um zu prüfen, ob das auch wirklich das Dummy ist. Sehr schön prüfbar, wenn Verleitungen in der Nähe der Fallstelle liegen. Da wird der Hund seine Nase einsetzen, um das für ihn hochwertigste Dummy aufzunehmen. Oftmals sein eigenes.
Er holt nur sein Dummy
Wie oben schon erwähnt, wird der Hund sich das aus seiner Sicht beste Apportel heraussuchen. Welches genau, entspringt seiner persönlichen Hitliste. Ob Wild, Fell-Dummy oder einfach nur sein eigenes.
Wobei „sein eigenes“ nicht ganz richtig ist. Jedes Dummy hat einen Eigengeruch und dieser wird sich auch verändern bzw. erweitern. Jedoch nicht nur durch den Geruch, den der Hund durch seinen eigenen Sabber hinterlässt, sondern auch durch unsere Berührungen, bei denen wir Schweiß, Bakterien und Hautpartikel auf dem Dummy hinterlassen. Meist wird sich der Hund an die Gerüche die von uns stammen orientieren. Zwei Dummys, eines von einem Helfer und eines vom Hundeführer abgelegt, wird der Hund sich aller Wahrscheinlichkeit nach für das vom Hundeführer ausgelegte Dummy entscheiden. Ein weiterer Versuch ist, dass der Hundeführer ein Dummy von einem anderen Hund ablegt und ein Helfer eines vom Hund. Auch hier wird sich der Hund in der Regel für das Dummy entscheiden, welches der Hundeführer abgelegt hat.
Damit ist der erste Teil, was der Hund riecht, geklärt. Nämlich den Individual-Geruch des Dummys, der sich aus verschiedenen Quellen zusammensetzt und immer wieder ändert. Wie stark der Hund dabei welchen Geruch wahrnimmt, ist dabei nicht so ganz klar. Wie oben beschrieben, orientiert sich der Hund meist am Geruch „seines“ Hundeführers. Wenn man den Erfahrungen in der Fährtenarbeit Glauben schenkt, ist dies zu 80% der Fall. Jedoch werden bei der Fährte weniger andere Hunde das Apportel im Fang haben und diese Zahl dürfte sich nach unten korrigieren. Dazu kommt noch die Wertevorstellung des Hundes, ob ein fremdes Fell-Dummy für ihn hochwertiger erscheint, als ein Standard-Dummy seines Herrchens. Frage ist auch, ob die Intensität eines Felldummys nicht den Geruch von Hautpartikeln überlagert.
Auch ist der Aspekt des Materials zu bedenken. Bei Standard-Dummys ist es klar, dass die Oberfläche recht porös ist und sehr gut Duftstoffpartikel aufnimmt. Zwar wird es je nach Hersteller, Stoff, verwendeten Farbstoff Unterschiede geben, wie gut diese Partikel aufgenommen werden können, jedoch dürften diese recht gering sein. Größer sind die Unterschiede zu Deadfowls, Wasser-Dummys aus Kunststoff oder Apportel aus Weichholz.
Klar ist jedoch, dass jedes Apportel einen Individual-Geruch hat und sich der Hund daran orientiert.
Geruch der Fallstelle
Das ist jedoch nicht alles und nicht die geruchliche Hauptquelle ein Dummy zu finden. Hierzu ein Beispiel: Der Hund wird auf ein Dummy eingewiesen und apportiert dieses. Danach wird der Hund wieder in gleicher Richtung eingewiesen. Jedoch liegt diesmal 10m weiter, auf gleicher Linie ein Dummy. So muss der Hund über eine alte Fallstelle gehen. Dies ist bekanntermaßen keine einfache Aufgabe. Grund hierfür ist, dass eine Fallstelle ohne Dummy noch starken Geruch abgibt und meiner Meinung nach einen höheren Einfluss auf das Finden einer Fallstelle hat, als der Individual-Geruch des Dummys.
Der höhere Einfluss könnte damit zusammenhängen, dass das Dummy selbst immer gleich riecht. Zwar verändert sich der Individual-Geruch von Zeit zu Zeit etwas, jedoch wird er stets sehr ähnlich sein. Im Gelände jedoch wird der Fallstellen-Geruch immer stark variieren, je nach Umgebung und den Parametern, welche Geruchsart und -intensität maßgeblich beeinflussen. Dadurch wird der Geruch interessanter, ist homogener in die Umgebung eingebunden und kommt dem natürlichen Trieb des Hundes näher. Zwar nur eine persönliche These von mir aber durchaus eine nachvollziehbare Erklärung.
Geruch durch Beschädigung
Woher kommt nun der Fallstellen-Geruch?
Der Boden besteht aus Untergrund, der eine bestimmte Dichte aufweist und auf welchem sich pflanzliches und tierisches Leben befindet. Fällt nun ein Dummy auf den Boden, verdichtet sich der Untergrund, an den Rändern verdunstet Feuchtigkeit, welche chemische Stoffe und Partikel (durch Energie-Stoffwechsel von Keimen ausgelöst) nach oben transportiert. Diese wiederum entstehen durch die Bakterien, welche sich sofort nach der Beschädigung daran machen zerstörtes pflanzliches und tierisches Material abzubauen. Auch freigesetzte Pflanzensäfte geben ihren Geruch sehr schnell und intensiv ab. Jedoch verflüchtigt sich dieser spezielle Geruch auch wieder recht schnell.
Boden
Ein Parameter ist also der Boden. Asphalt, Teer, Beton, Fels geben somit einen schlechten Untergrund her. Ein Dummy auf dem Parkplatz geworfen würde also sichtig gefunden. Was ist aber mit einem Ufergebiet, auf welchem ein Dummy auf Kies fällt? Dieser wird sich nicht verdichten und ist wie Fels zu betrachten. Also nicht einfach zu wittern für den Hund. Waldboden jedoch, der recht locker ist, wird stark verdichtet und schnell steigen die Geruchspartikel durch die porösen Randzonen auf. Je dichter die Vegetation ist, umso besser.
Temperatur
Ein weiterer Parameter ist die Temperatur. Nur in einem bestimmten Temperaturbereich ist die Geruchsentfaltung optimal. Allerdings ist der Geruch, dank der feinen Hundenase, in einem breiten Bereich gut wahrnehmbar. Extreme Bedingungen können es allerdings sehr erschweren, da hierbei die Zersetzung in eine Ruhephase kommt und keine Geruchspartikel mehr freigegeben werden. Man sagt, dass zwischen 10° und 15° Celsius der optimale Bereich zur Geruchsentfaltung ist.
Feuchtigkeit
Die Feuchtigkeit ist ebenfalls sehr wichtig, denn ohne diese findet keine Zersetzung statt und es entstehen keinerlei Geruchspartikel. Andererseit kann zu viel Feuchtigkeit (Nässe) die Geruchspartikel überlagern. Während Morgentau noch sehr gut zur Geruchsentfaltung ist, kann eine nasse Wiese jegliche Geruchsentfaltung unterdrücken. Die Arbeit bei Regen oder bei totaler Trockenheit sind schwere Bedingungen, die man nicht unterschätzen sollte.
Zeit
Dies ist ein sehr schwer einzuschätzender Parameter. Letztlich hängt dieser sehr stark von allen anderen Parametern ab. Grundsätzlich beginnt die Bildung von Geruchspartikeln unmittelbar. Nach ca. 20-30 Minuten ist die Fährte einer Fallstelle voll entwickelt. Erfahrungsgemäß soll sie nach 8-12 Minuten am besten zu arbeiten sein. Die Haltbarkeit liegt, ohne extreme Wetterlage, bei 3 bis 48 Stunden. Wobei Regen diese auch sofort zerstören kann.
Im Zusammenspiel
Diese Parameter kann man nicht eigenständig betrachten und sollte sie immer in Bezug zueinander setzen. Ist beispielsweise der Boden warm und die Luft kalt, wird physikalisch bedingt der Geruch aufsteigen. Passiert dies in einem Maisfeld oder einer hohen Wiese mit trockenem Gras, kann die Zugwirkung (wie bei einem Kamin) den Geruch bis unter die Hundenase bringen. Eine flachere Wiese, deren Halme durch Wind oder Regen geknickt sind oder einem Rübenfeld, bei dem die ausladenden Blätter den Geruch wesentlich schlechter aufsteigen lassen, kann dagegen sehr schwer zu arbeiten sein.
Der pflanzliche Bewuchs kann manchmal auch einen derart intensiven Eigengeruch haben, dass alle anderen Partikel überlagert werden. Das können auch schon einfache Grassorten sein, die man als Nicht-Botaniker gerne einfach als Wiese und Gras bezeichnet und sich der Unterschiede, insbesondere des Geruchs, gar nicht bewusst ist.
Bei einem Workingtest kann je nach Tageszeit auch die gleiche Fallstelle über Wohl und Wehe entscheidend sein. Morgens noch im Schatten, bei dem sich Bakterien schnell vermehren, möglicherweise noch gepaart mit Morgentau, ist es für die Hunde ein Leichtes die Fährte aufzunehmen. Bereits am Vormittag liegt die Fallstelle bereits in der Sonne, der Morgentau die verdunstet und die Luft etwas trockener. Damit findet der gleiche Hund schlechtere Bedingungen vor und wird sich schwerer tun, das Dummy zu finden.
Die Meinung, dass bei gefrorenen Boden die Arbeit nicht möglich ist, sollte nicht pauschalisiert werden. Ist der Boden nur angefroren, kann durch die (wenn auch geringe) Reibung beim Aufschlag des Dummys so viel Wärme entstehen, dass die oberste Schicht durchbrochen wird, sich Geruchspartikel bilden und aufsteigen können. Zudem unterscheidet sich diese Stelle sehr von der übrigen Umgebung.
Fazit
Zu all den Faktoren, welche die Dummyarbeit beeinflussen, kommen also auch diese, die wir nicht einmal ordentlich überprüfen können, weil uns einfach die Nase dazu fehlt. Hier müssen wir uns auf unser theoretisches Wissen und unsere Erfahrung verlassen. Hier eine einfache Tabelle oder Richtlinien zu erstellen ist nicht möglich. Wichtig ist aber, dass wir zunächst einmal wissen, dass es diesen Bereich gibt und dieser maßgeblich zum Erfolg oder Misserfolg beiträgt. Eine genauere Betrachtung des Geländes und des Hundes bei der Arbeit wird uns das nächste Mal helfen, die geruchliche Situation besser einschätzen zu können.
Für das Training bedeutet es, dass der Hund lernen muss, diese unterschiedlichen Geruchssituationen einschätzen und damit umgehen zu können. Hält sich ein Hund beispielsweise zu lange an einer alten Fallstelle auf, kennt er vielleicht den Unterschied noch nicht. Er muss lernen unter verschiedenen Bedingungen Fallstellen unterscheiden und lokalisieren zu können.
Und nicht vergessen. Der Hund erhält nur über den Wind die Witterung.